Irgendwie stehen sie alle voll im Saft, die Alten in Petra Kasters Ausstellung „Vorsicht Rentner.“ Von Rollator, Krückstock und gebeugtem Rücken lassen sie sich das Leben nicht vermiesen. Stattdessen machen sie ihre Treppenlifts zu Rennautos, flirten kräftig, prosten sich fröhlich zu und stellen sich tapfer den Herausforderungen von Smartphones und Apps. Und auch mit ihren dritten Zähnen bleiben sie bissig – wie die hochbetagte Dame, die ihre Kraft und Lebensfreude feixend aus dem Bluten der Rentenkasse schöpft.
Die Rentner und vor allem die Rentnerinnen in Petra Kasters Cartoons machen Mut zum Altern. Und den, so sagt die Künstlerin selber, brauche man – denn angenehm und einfach sei es wahrlich nicht, das dritte Lebensalter. Ihr selber helfe da vor allem Humor.
„Manchmal ist da so'n Knuff drin“
Und den hat die 1952 in Mühlheim an der Ruhr geborene Grafikern, Cartoonistin und Trickfilmautorin - trocken, bodenständig und dabei immer herzenswarm. Hat das etwas mit ihrer Herkunft aus dem „Pott“ zu tun? Darüber habe sie sich noch nicht wirklich Gedanken gemacht, sagt Petra Kaster bei der Vernissage. „Schon möglich. Manchmal ist da so'n Knuff drin. Wir sind da nicht so brav, und das ist ja typisch für die Gegend.“
Das Altern ist nur eines von vielen Themen der Künstlerin. Elternschaft, Mobbing, Religion, Umwelt, Politik – sie beschäftigt sich mit dem gesamten Leben in all seinen Facetten. Ihre Ideen entstehen beim Beobachten und Zuhören. Sie strahlt aus, dass sie mit wachen Sinnen und wohlwollendem Witz die Welt und sich selber wahrnimmt.
Widerstand gegen nicht auszurottende Dummheit
Motor ihrer Arbeit sei auch „...mein Widerstand gegen nicht auszurottende Dummheit, gegen den Schwachsinn in der Welt. Gier zum Beispiel, oder der enge Blick, mit dem wir uns auf Technik fixieren oder dass wir glauben, wir lösen das Flüchtlingsproblem, indem wir die Menschen aussperren.“ Auch ihren Zorn über unseren Schönheits- und Jugendwahn drückt sie mit ihrer Arbeit aus, und den „...über das eigene Älterwerden und seine Wehwehchen.“
Warum der Titel der Ausstellung eigentlich „Vorsicht Rentner“ sei, fragt ein Besucher, als Petra Kaster, die ihr Fach auch unterrichtet, am Overheadprojektor freihändig einen spannenden Einblick in das Entstehen ihrer Figuren gibt. Ihre Antwort: Sie meine das keinesfalls als Warnung vor den Menschen. Vielmehr gehe es ihr um deren Lebenslust und Kraft. „Sie sind ja auch wehrhafte Alte mit Lebenserfahrung, viele von ihnen 68er, die wissen wie der Hase läuft.“ Und es gäbe schließlich genug Brennpunkte, an denen sie sich einbringen können und das ja auch tun, „...und an denen sie auch dringend gebraucht werden.“
Öffnungszeiten der Ausstellung
Vom 15.04.bis zum 19.5.2016, mo - fr von 9.00 - 17.30 Uhr, gleis 7, Renzstraße 3, 1. OG (Zugang durchs Café gleis 7)
Text: Patricia Mangelsdorff