Tiefgründige Sichtweisen in Rot und Weiß
Ausstellung "Mein roter Faden" über dem Café "gleis7" eröffnet / Künstler Horst Rettig erarbeitet mit Tagesstätten-Besucherinnen beeindruckende Schau
Worms. Welcher rote Faden zieht sich durch mein Leben? Was bewegt mich? Und welche andere Perspektive gibt es auf alltägliche, mitunter altbackene Dinge? Diesen und vielen weiteren Fragen spürt die Ausstellung "Mein roter Faden" nach, die am Donnerstagabend im Obergeschoss über dem Café "gleis7" in Worms eröffnet wurde.
Unter dem Titel „Mein roter Faden“ sind über dem Café „gleis7“ in Worms derzeit beeindruckend vielschichtige Arbeiten in einer Ausstellung zu sehen, die der Künstler Horst Rettig gemeinsam mit Besucherinnen der Caritas-Tagesstätte für Menschen mit psychischen Erkrankungen erarbeitet hat.© Caritasverband Worms e.V.
Das Besondere: Die Künstlerinnen sind Gäste der Tagesstätte für Menschen mit psychischen Erkrankungen, die der Caritasverband Worms e.V. in der Nibelungenstadt betreibt. Gemeinsam mit dem renommierten Künstler Horst Rettig haben sie sich auf die Suche nach neuen, eignen und bewegenden Perspektiven gemacht. Herausgekommen ist eine Ausstellung mit Tiefgang und hohem künstlerischem Anspruch, die - passend zum 100. Jubiläum des Verbands in 2025 - ganz in den Farben Rot und Weiß gehalten ist. Die Vernissage-Gäste zeigten sich durchweg beeindruckt.
Gemälde, Installationen, Upcycling-Objekte: Was Horst Rettig gemeinsam mit den Tagesstätten-Besucherinnen und den Caritas-Mitarbeiterinnen Yvonne Cappel und Isabel Wagner auf den Weg gebracht hat, berührt und fasziniert gleichermaßen: ob in großformatigen Werken zu sozial-politischen Katastrophen wie dem Elend auf Lampedusa und den Angriff auf unsere Demokratie von rechts; ob der Niedergang der Artenvielfalt mit all den ökologischen Folgen; ob gesellschaftliche Themen wie der "Ehe für alle" oder die Erinnerung an Margot Friedländer; ob die Auseinandersetzung mit persönlichen Herausforderungen, in einer immer schneller werdenden, idealisierenden Welt bestehen zu können: Titel wie "Du bist, was ich denk" und "Hebe ich meinen Blick, sehe ich keine Grenzen" könnten nicht treffender gewählt sein.
Upcycling und viele verschiedene Techniken
Grundlage vieler Arbeiten waren Produkte aus dem Caritas-Second-Hand-Kaufhaus CarLa, dazu kamen Alltagsprodukte wie Milchtüten und Papierspitzen - und ein roter Wollfaden, der sich dem Titel entsprechend durch die Ausstellung zieht. "Die Teilnehmerinnen haben sich den Herausforderungen gestellt, sind konzentriert dabei geblieben, Wege zu finden, Gedanken mit darstellenden Mitteln auf Papier oder ein anderes Trägermaterial zu bringen und - wie wir alle staunend feststellen dürfen - sie haben eine beachtliche Kollektion erarbeitet", attestierte Laudatorin Sigrid Spiegel. "Horst Rettig ist es gelungen, alle Beteiligten mit ins Boot zu holen, sie zu motivieren und zu begeistern, um für Neues offen zu sein", sagte sie. Unter seiner Anleitung seien die Künstlerinnen über sich hinausgewachsen, und auch weitere Gäste der Tagesstätte konnten sich einbringen, etwa in der Caritas-Holzwerkstatt unter Anleitung von Dennis Kärchner, wo sie passende Podeste und unterschiedlichste Grundlagen für die kunstvolle Weiterbearbeitung schufen. "Sie waren im Hintergrund wichtige, wertvolle Helfer, ohne die eine Ausstellung nicht läuft", so Spiegel.
Die Ausstellung überrascht und beeindruckt durch ihre Vielseitigkeit und tiefe Botschaften.© Caritasverband Worms e.V.
Auch Caritasdirektorin Ulrike Kunz war von der Darbietung beeindruckt. "Herzlichen Dank dafür, was Sie hier möglich gemacht haben", sagte sie an Hort Rettig und die Mitwirkenden gewandt. "Wir sind froh und dankbar über Ihre langjährige Verbundenheit zur Caritas in Worms und dass Sie dieses tolle Projekt zu unserem Jubiläum möglich gemacht haben."
Gewohnt wenig Worte gab es sodann von Horst Rettig, bevor das Büfett - ebenfalls in rot und weiß gehalten und vom Team des Cafés "gleis7" gewohnt ansprechend und vielseitig vorbereitet - eröffnet wurde. "Ich danke euch!", sagte er gerührt und sichtlich angefasst an seine Teilnehmerinnen gewandt. "Ihr dürft stolz auf euch sein." Dieser Meinung schlossen sich die beeindruckten Vernissage-Gäste nur allzu gern an.
Die Ausstellung
Die Ausstellung "Mein roter Faden" ist bis 31. Oktober 2025 im Obergeschoss über dem Café "gleis7" in Worms (Renzstraße 3) zu sehen; der Zugang ist barrierefrei möglich. Geöffnet ist die Schau montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr. Der Eintritt ist frei.