Um Kontraste geht es. Trauer und Freude, Schwere und Leichtigkeit, Mann und Frau. Gegensätze, die unser Leben prägen. Ausgangspunkt ist für die Künstler dabei der Gegensatz zwischen Schwarz und Weiß. Darum kreist vieles in der Ausstellung der Künstlerinitiative Lampertheim, kurz KiL. Vieles, aber längst nicht alles. Die eigens für diese Ausstellung hergestellten Werke in den Fluren des ersten Stocks der Renzstraße 3 sind so unterschiedlich wie die drei Frauen und zwei Männer von der anderen Rheinseite, die ihre Arbeiten zum ersten Mal in Worms zeigen.
Weibliche Rundungen aus Beton
v.l.n.r.: Anette Jansen, Gabriele Koblitz, Heike Kissel-Eltrop, Bernhard Hossner (dem Schöpfer von „Emma“ in der Mitte). Es fehlt Bernd Kalusche.© Patricia Mangelsdorff
Und mehr noch: Viele der Werke leben von einer inneren Spannung. Die Skulpturen von Anette Jansen etwa feiern weibliche Formen. Hergestellt sind sie aus einem Material, das man zunächst so gar nicht mit weichen Rundungen in Verbindung bringt: Beton, frei modelliert oder als aufwendiger Steinguss, eingefärbt mit Pigmenten oder Leinöl. Sie hat Freude am Ausprobieren und überlässt sich der Ungewissheit darüber, wie verschiedene Materialien wohl miteinander reagieren.
Weibliche Formen finden sich auch in den Arbeiten von Bernhard Hossner. Was von weitem wie ein Bild erscheint, entpuppt sich aber als Legearbeit aus schwarz und weiß gefärbtem Holz und ist deshalb quasi Titelwerk der Ausstellung. Hossner hat viel Spaß an seiner Arbeit. „Susi“, „Emma“ oder „Linda“ heißen einige seine Werke und man ahnt: er ist kein Kind von Traurigkeit. Hossner mag die Lebendigkeit des Materials und würdigt sie, indem er, wie Kulturkoordinatorin Sigrid Spiegel bei der Eröffnung sagt, „...Bewegung spüren lässt, wo sich faktisch nichts bewegt.“
Mit wenigen Pinselstrichen lässt Gabriele Koblitz in ihren Tuschmalereien eine andere Art von Bewegung entstehen: „In Erwartung“, „Geborgen“, „Unterwegs“ oder „Im Abseits“ heißen ihre Bilder. Sie spiegeln das Befinden vieler Menschen, die Rat und Hilfe suchend hierher zum Caritasverband kommen und erinnern gleichzeitig an das große Thema unserer Zeit: die Flucht unzähliger Menschen. Im Gespräch mit Frau Koblitz ahnt man die tiefe Notwendigkeit, die Kunst als Ausdrucksmittel für sie hat und wird auf einen spannungsreichen Gegensatz ihres Lebens verwiesen: Eine künstlerische Ausbildung war für sie im Plan der Eltern nicht vorgesehen – und dennoch ging sie, nach einem ersten und ganz anderen Beruf, diesen Weg.
Harmonie und Kontraste müssen keine Gegensätze sein.
Kontrastreiche Ausdrucksmittel finden sich bei Heike Kissel-Eltrop. Die Leiterin einer Kita und Mutter von zwei Kindern arbeitet vorrangig an zeitaufwändigen Mosaiken – und liebt zum Ausgleich dafür verschiedene Drucktechniken mit ihren relativ schnellen Ergebnissen. Ihr Umgang mit Farben ist ohnehin sparsam, so dass sich „Wurzelwerk“, „Horizont“ oder „Zerrissen“ harmonisch in die vielen Schattierungen zwischen Schwarz und Weiß der gesamten Ausstellung einfügen. Harmonie und Kontraste – sie müssen eben keine Gegensätze sein.
Bernd Kalusche, der nicht zur Vernissage kommen konnte, gehört seit Beginn dieses Jahres der Künstlergruppe an. Der Kunstwissenschaftler und -pädagoge konzentriert sich seit 2012 ganz auf die Praxis. Das Bild „Le camouflage des Fleurs“ lässt seine Entstehungsgeschichte ahnen. Ursprünglich, so Sigrid Spiegel, sei es bunt gewesen, war aber „von Anfang an mit dem Ziel geschaffen, die Farbe zurückzudrängen.“ Bunt und Schwarz-Weiß sind eben auch nicht immer etwas Gegensätzliches. Wer sich auf die lebendigen Spannungsfelder der Ausstellung einlassen möchte, ist dazu herzlich eingeladen.
Öffnungszeiten der Ausstellung:
Vom 19.02.2016 - 01.04.2016 , mo - fr von 9.00 - 17.30 Uhr,
gleis 7, Renzstraße 3, 1. OG (Zugang durchs café gleis 7)
Patricia Mangelsdorff