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Am 17. April entdeckte eine europäische Pilgergruppe "Orte des Teilens" in unserer Stadt.
Pilgerwege - immer mehr Menschen folgen ihnen auf der Suche nach dem Wesentlichen. Auch die europäischen Martinuswege laden in vielen Ländern zu spirituellen Orten ein. Zum 1700jährigen Martinsjubiläum ergänzt der Caritasverband diesen Aspekt um die Dimension tätiger Nächstenliebe. "Dort, wo Menschen solidarisch handeln, finden wir die ‚Orte des Teilens‘", so Thomas Jäger. "Von nun an sollen sie auf den Martinuswegen gekennzeichnet werden."
Als Auftakt reisten vom 16. bis zum 19. April etwa 15 Pilger aus Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und sogar Venezuela von Bruchsal über Worms, Mayen und Trier nach Wasserbillig in Luxemburg. Am 17. April lernten sie "Orte des Teilens" in Wiesoppenheim und Worms kennen.
Martinsgemeinde Wiesoppenheim als erste Station auf dem Martinusweg im Bistum Mainz
Im Bistum Mainz wurde die Gruppe herzlich mit einer kleinen Stärkung im Rathaus in Wiesoppenheim von der Eisbachtalgemeinde und Ortsvorsteher Henkes empfangen. Die offizielle Begrüßung fand in der Kirche St. Martin durch Caritasdirektor Georg Diederich, Dr. Eugen Baldas, Leiter der Arbeitsgemeinschaft Martinswege sowie dem Pfarrer der Eisbachtalgemeinden, Dr. Joachim Springer, statt.
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Die Kinder der Kindertagesstätte St. Martin gestalteten die kurze Andacht musikalisch und mit vielen Wortbeiträgen. Besonders freuten sie sich über kleine Schokotäfelchen mit der Aufschrift "Via Sancti Martini", die Achim Wicker, Geschäftsführer der St. Martinusgemeinschaft Rottenburg-Stuttgart mit ihnen teilte. Mit der Überreichung der Wegtafel in Bronze an Springer und Henkes, stellvertretend für die Menschen vor Ort, würdigte Wicker die gelebte Solidarität und gegenseitige Verantwortung; egal ob im Verein, als Grundschulpate für die Erstklässler oder bei Finanzierung und Aufbau des neuen Klettergerüstes für die Kindertagesstätte. Dieses besondere Wegzeichen weist nun an der Kirche St. Martin darauf hin, dass jeder "Orte des Teilens" durch tätige Nächstenliebe gestalten kann.
gleis 7: Ort des Teilens an der Via Sancti Martini
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In Worms wurde das gleis 7 als ein solcher "Ort des Teilens" gewürdigt. Hier in der Renzstraße 3 gleich beim Bahnhof befindet sich die Beratungsstelle für Sucht und psychische Erkrankungen und ein inklusives Café des Caritasverbandes Worms. Caritasdirektor Diederich stellte bei seiner Begrüßung heraus, dass das Selbstverständnis des Heiligen Martin - die Not des Nächsten wahrnehmen und handeln - die Arbeit der Caritas prägt. Nach den Grußworten von Bürgermeister Kosubek, der die Bedeutung dieser neuen Wegstrecke für Worms herausstellte, und von Fachbereichsleiterin Yvonne Wehrheim blieb noch Zeit für ein stärkendes Mittagessen und das Überreichen der Tafeln durch Baldas und Wicker an Vertreter des Caritasverbandes und Mitarbeiter des gleis 7. Dann ging es zügig weiter auf einen spirituell-diakonischen Rundgang mit kurzen Impulsen zum CaritasCentrum St.Vinzenz über das Seniorenzentrum Burkhardhaus bis zum Dom St. Peter, wo Dompropst Tobias Schäfer bei einer kurzen Führung auf besonders deutliche Bezüge zu tätiger Nächstenliebe hinwies: die allegorischen Figuren Fides und Caritas am Eingangstor etwa oder das Abbild des St. Nikolaus als Lehrer, der Teilhabe durch Bildung ermöglicht. Vom Dom ging es weiter zum jüdischen Friedhof als Ort des Teilens gemeinsamer Wurzeln und zum Lutherdenkmal, wo Caritasdirektor Diederich auf die langjährige gute ökumenische Zusammenarbeit u.a. im Gesundheitsladen und der Hospizhilfe hinwies.
Martinskirche in Worms erhält als erste Kirche Deutschlands die Fußabdruck-Tafel "Pas de Saint Martin"
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Einen würdigen Abschluss fand der Rundgang mit einer Andacht in der Kirche St. Martin am Ludwigsplatz. Hier war Martins Ort der Umkehr, hier verweigerte er den Kriegsdienst und genau hier, wo heute die Kirche steht, befand sich sein Kerker. Bruno Judic, Präsident des Europäischen Kulturzentrums St. Martin in Tours, überreichte die Fußabdruck-Tafel "Pas de Saint Martin" an Propst Tobias Schäfer und Pfarrer Maximilian Wagner. Nur Kirchen, die historisch mit dem heiligen Martin in Verbindung stehen, erhalten dieses Zeichen. "Der Weg verbindet nicht nur Stationen seines Lebens, sondern auch Orte solidarischen Teilens", erläuterte Dr. Eugen Baldas. Propst Schäfer betonte, dass dies in der Gemeinde sehr ernst genommen und lebendig gehalten werde, etwa in der Martinsbörse, wo Bedürftige Kleidung erhalten.
"Wo Güte ist und Liebe, da ist Gott."
Die bewegenden Eindrücke und spirituellen Impulse dieses Tages wiederzugeben - dazu reicht hier leider der Platz nicht. Wie soll man überhaupt die Bedeutung des Teilens und der Anteilnahme für unser Leben in wenige Worte fassen? Vielleicht so: "Ubi caritas et amor, Deus ibi est," stimmte Tobias Schäfer während des Rundgangs im Dom an und sang mit den Pilgern dieses Lied aus Taizé: "Wo Güte ist und Liebe, da ist Gott."
Hintergrund
2005 hat der Europarat den hl. Martin als "Person des Teilens und gemeinsamer Werte für Europa" gewürdigt und die Martinuswege in die Liste Europäischer Kulturstraßen aufgenommen. 2016 jährt sich der Geburtstag von Martin von Tours zum 1700ten Mal. Der Deutsche Caritasverband nimmt beides zum Anlass, Pilger auf seinen Pfaden zum Verweilen an Orten des Teilens und der Nächstenliebe einzuladen.
Thomas Jäger, Caritasverband Worms e.V.
Patricia Mangelsdorff, Freie Mitarbeiterin des Caritasverbandes Worms e.V.