"Wohnen-wo? - Jeder Mensch braucht ein Zuhause" - zu dieser Aktion hatte Caritas Alzey Wohnungssuchende, Vermieter, Politiker sowie Interessierte am 30.03.2019 auf den Wochenmarkt in Alzey eingeladen.
Frau Andrea Rinke-Bachmann ganz links im Bild und Besucher am StandDieter Lamm
Caritas überraschte die Besucher_innen mit einer Mitarbeiterin, die den Vormittag in einer Badewanne auf dem Obermarkt verbrachte. Diese Badewanne symbolisierte ein Wohnen auf der Straße, ein Wohnen ohne Schutz, ein Wohnen ohne Rückzugmöglichkeiten.
Die Caritas-Kampagne lud zur Auseinandersetzung mit dem Thema "Wohnen" ein und bot ein Forum zum Austausch über mögliche und notwendige Veränderungen. An Stellwänden wurden Vorbehalte und Lösungsideen der Besucher festgehalten.
Der Caritasstand wurde überwiegend von Wohnungssuchenden und Wohnungsbesitzern aufgesucht. Einige hatten den Hinweis auf die Veranstaltung der Presse entnommen. Ihnen war es wichtig, den Organisatorinnen ihre Erfahrungen mitzuteilen.
Wohnungssuchende benennen in der Mehrzahl nicht bezahlbare Mieten, hohe Konkurrenz um Wohnraum und mühsame Bewerbungsverfahren als Problem. Vorbehalte und Erfahrungen der Wohnungsbesitzer betreffen Mieter, die ihre Miete schuldig bleiben, oder unpünktlich zahlen. Ein Vermieter berichtet, dass sein Mieter bei Einzug eine Abtretungserklärung abgab, die dem Jobcenter erlaubte die Miete direkt an den Vermieter zu überweisen. Wenig später jedoch nahm der Mieter die Abtretungserklärung wieder zurück ohne dass der Vermieter informiert worden wäre. Die Miete erhielt er dann nicht mehr.
Eine Wohnungseigentümerin berichtet, dass sie nach schlechten nach schlechten
Erfahrungen mit einer Mietpartei die Wohnung lieber leer stehen ließe. Als Hindernis, Wohnungen zu vermieten, wird auch eine Unsicherheit in Fragen des Mietrechts benannt. Außerdem führten Vorschriften aus Baurecht und ENEV dazu, dass ein Neubau von bezahlbarem Wohnraum unmöglich sei. Eine Schwierigkeit, die die Organisatoren nicht erwartet hatten, stellt der Mangel an Handwerkern dar. So kommt es oft zu Unstimmigkeiten zwischen Vermieter und Mieter, wenn notwendige Reparaturen in den Wohnräumen sich verzögern, weil Handwerker keine freien Kapazitäten haben.
Die Besucher entwickeln im Gespräch auch Lösungsvorschläge. Vermieter schlagen vor, dass Mietzahlungen vom Jobcenter stets an den Vermieter gehen sollten, noch besser sollte es eine Mietgarantie vom Jobcenter geben. Viele Wohnungsbesitzer wünschen sich eine kommunale Rechtsberatung, Moderation oder Mediation bei Unsicherheiten und Unstimmigkeiten. Wohnungssuchende wünschen sich mehr sozialen Wohnungsbau und eine neutrale Stelle die kontrolliert, inwieweit Modernisierungen erforderlich und daraus folgende Mieterhöhungen vertretbar sind. Wohnungssuchende und Wohnungsbesitzer schlagen vor, den ländlichen Raum durch Ausbau des ÖPNV und des Internets besser zu erschließen. Damit würde das Wohnen auf dem Land wieder attraktiver.
Das Resümee der Organisatorinnen: "Es waren Wohnungssuchende, Vermieter sowie Interessierte vor Ort, auch eine Gruppe junger geflüchteter Männer auf Wohnungssuche wurde durch die Aktion angelockt. Vertreterinnen und Vertreter der Politik fehlten." Wer jedoch die derzeitige Presse in der Region verfolgt, sieht, dass auch von Seiten der Politik der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum gesehen wird.
von links nach rechts: Frau Andrea Rinke-Bachmann, Frau Silke Kleinschmitt, Frau Ursula Lamm, Frau Agnes Weires-StrauchDieter Lamm
"Wir von Seiten der Caritas werden die kritischen Sachverhalte sowie Lösungsvorschläge auswerten und überlegen, wie wir uns in die Diskussion einbringen können", so die Leiterin des Caritaszentrums Alzey, Frau Agnes Weires-Strauch.